BGH, Urteil vom 15.10.2020 – IX ZR 243/19

Herausgabeansprüche gegen rechts- und wirtschaftsberatende Berufsträger mehren sich. Informationen und Unterlagen zu einem Mandat erhöhen die Chancen, auch Haftpflichtansprüche gegen Berater durchzusetzen. Der Streit um die Herausgabe von Handakten ist daher oftmals auch eine vorverlagerte Kampfzone. Vor allem Insolvenzverwalter gehen gerne gegen Sanierungsberater (Rechtsanwälte) vor, um auf dieser Basis zu einer besseren Informationslage zu kommen und um damit Schadenersatzansprüche wegen des eingetretenen „Insolvenzschadens“ besser durchsetzen zu können.

In diesen Bereich fällt nun das Urteil des BGH Urteil vom 15.10.2020 – IX ZR 243/19 (NJW 2020, 3725) zur Verjährung von Ansprüchen auf Herausgabe von Handakten. Verjährungsrechtlich kommt es nach Ansicht des BGH nur auf die allgemeine zivilrechtliche (dreijährige) Verjährung gem. § 199 BGB sowie auf die allgemeine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage des Herausgabeanspruches gem. § 667 BGB an. Die berufsrechtliche Vorschrift des § 50 BRAO, wonach Rechtsanwälte ihre Akten sechs Jahre lang aufzubewahren haben, begründet nach Ansicht des BGH weder eine eigene zivilrechtliche Anspruchsgrundlage auf Herausgabe gegen den Rechtsanwalt noch ist die berufsrechtliche Pflicht zur Aufbewahrung von Handakten im Ausmaß von sechs Jahren verjährungsrechtlich im Zusammenhang mit dem zivilrechtlichen Herausgabeanspruch maßgebend. Berufsrechtliche Bestimmungen über die Länge der Aufbewahrungsfrist haben im Ergebnis nach dieser Entscheidung keinen Einfluss auf die allgemein zivilrechtliche Verjährung des Herausgabeanspruchs.

Die in Anspruch genommene Rechtsanwaltskanzlei musste im Ergebnis trotz verfügbarer Handakten diese infolge zivilrechtlicher Verjährung an den Insolvenzverwalter nicht mehr herausgeben. Diese Entscheidung des BGH ist dogmatisch zutreffend (siehe auch die zustimmende Anmerkung von Offermann-Burckart, NJW 2020, 3725). Zwischen Berufsrecht und Zivilrecht ist zu unterscheiden. Diese BGH-Entscheidung lädt auch zum Weiterdenken ein, wie sich Berufsträger gesetzlich zulässig bestmöglich gegen Herausgabeansprüche ihrer (ehemaligen) Mandanten wappnen können. Wir als Fachversicherungsmakler beraten Sie hierzu gerne.

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Dr. iur. Hermann Wilhelmer

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