Die am 01.08.2022 in Kraft getretene BRAO-Reform hat wohl eine bislang wenig beachtete, weil nicht explizit geregelte, Konsequenz für die anwaltliche Berufshaftpflichtversicherung, nämlich eine Verringerung des Umfangs der persönlichen Versicherung von Rechtsanwälten. Dies zeigt sich bei der anwaltlichen Tätigkeit im Rahmen einer nicht haftungsbeschränkten Berufsausübungsgesellschaft. Solche nicht haftungsbeschränkten Gesellschaften im Sinne der reformierten BRAO sind z.B. die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Partnerschaftsgesellschaft ohne Beschränkung der Berufshaftung und die seit dem 01.08.2022 als anwaltliche Berufsausübungsgesellschaft mögliche offene Handelsgesellschaft.

Das folgende Fallbeispiel aus unserer Beratungspraxis zeigt, dass sich durch die BRAO-Reform möglicherweise unbemerkte Lücken im Versicherungsschutz ergeben.

Zwei Rechtsanwälte sind in Einzelkanzlei tätig. Ausschließlich zur gemeinsamen Bearbeitung eines Großmandats gründen die Rechtsanwälte eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, verwenden einen gemeinsamen Briefkopf und präsentieren sich auf einer gemeinsamen Webseite. Jeder der Rechtsanwälte hat eine gesonderte, persönliche Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen.

Nicht haftungsbeschränkte anwaltliche Berufsausübungsgesellschaften, wie die im Fallbeispiel genannte Sozietät, waren als solche bis zum Inkrafttreten der BRAO-Reform nicht versicherungspflichtig. Eine Versicherungspflicht bestand ausschließlich für die im Rahmen der Gesellschaft tätigen Berufsträger persönlich und umfasste sowohl deren Tätigkeit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, als auch die Tätigkeit im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft.

Dem entsprechend boten die von den Berufsträgern persönlich abgeschlossenen Berufshaftpflichtversicherungen auch für deren gesellschaftsbezogenen Tätigkeiten Versicherungsschutz. Ferner enthielten die bis zum 01.08.2022 vereinbarten Versicherungsbedingungen eine Mitversicherung der Berufsausübungsgesellschaft. Bei Inanspruchnahme der Gesellschaft konnte diese über die persönliche Deckung der Berufsträger Versicherungsschutz beanspruchen.

Da seit Inkrafttreten der BRAO-Reform anwaltliche Berufsausübungsgesellschaften gem. § 59n BRAO n.F. versicherungspflichtig sind, besteht Versicherungsschutz für die im Namen der Gesellschaft ausgeübten Tätigkeiten nun über die gesellschaftsbezogene Berufshaftpflichtversicherung. Es besteht keine Notwendigkeit mehr, den Versicherungsschutz aus der persönlichen Versicherung eines Berufsträgers auf dessen Tätigkeit im Rahmen einer Berufsausübungsgesellschaft zu erstrecken, so dass sich der Deckungsumfang der persönlichen Versicherungen seit Inkrafttreten der BRAO-Reform wohl entsprechend verringert hat.

Dem Vernehmen nach wenden die maßgeblichen Berufshaftpflichtversicherer die Versicherungsbedingungen seit Inkrafttreten der BRAO-Reform in diesem Sinne an und gewähren keinen Versicherungsschutz mehr für Tätigkeiten im Namen und auf Rechnung einer Berufsträgergesellschaft über die persönlichen Versicherungen der Anwälte. Die in diesen Versicherungen nach wie vor verbreitete Mitversicherung der Berufsausübungsgesellschaft genügt nicht den Anforderungen der seit dem 01.08.2022 bestehenden Versicherungspflicht der Berufsausübungsgesellschaften und führt nicht dazu, dass Versicherungsschutz zugunsten des Berufsträgers für Tätigkeiten im Namen und auf Rechnung der Berufsausübungsgesellschaft besteht. 

Infolgedessen hat sich der Umfang des Versicherungsschutzes aus der persönlichen Berufshaftpflichtversicherung eines Rechtsanwalts mit Inkrafttreten der BRAO-Reform verringert, ohne dass dies in der reformierten BRAO explizit geregelt wäre.

Sofern von den in einer nicht haftungsbeschränkten Berufsausübungsgesellschaft tätigen Rechtsanwälten nicht für ausreichenden Versicherungsschutz der Gesellschaft als solche gesorgt wird, fehlt es für aus der akzessorischen, persönlichen Haftung resultierende Haftpflichtansprüche am beruflichen Versicherungsschutz. § 59n Abs. 3 BRAO n.F. ordnet für diesen Fall die persönliche Haftung der Sozien in Höhe des fehlenden Versicherungsschutzes an.

Ab dem 01.08.2022 ist daher für einen berufsrechtskonformen Versicherungsschutz nicht haftungsbeschränkter anwaltlicher Berufsausübungsgesellschaften zu sorgen, da ansonsten eine Versicherungslücke droht. Selbst in Konstellationen, in denen bei der anwaltlichen Berufsausübung lediglich der Rechtsschein gesetzt wird, in einer Sozietät tätig zu werden, sind nun möglicherweise problematisch. Denn laut FAQ der BRAK (2022_FAQ_Versicherungspflicht_Berufsausuebungsgesellschaften.pdf (brak.de)) sollen auch sogenannte Scheinsozietäten versicherungspflichtig sein. Auch wenn diese Position kontrovers diskutiert wird, so ist sie jedenfalls bei der Gestaltung des Versicherungsschutzes zu berücksichtigen.

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Mitglied der Geschäftsleitung, Prokurist

Stephan Kohlhaas

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