In einem vom OLG Düsseldorf mit Urteil vom 08.04.2022, Az. 4 U 22/21, entschiedenen Fall stritten sich der klagende Rechtsanwalt und sein Haftpflichtversicherer darum, ob es sich bei einem Berufungsverfahren im Verhältnis zur 1. Instanz um einen einheitlichen Auftrag im Sinne der sog. Serienschadenklausel handelt.

Diese in den Versicherungsbedingungen der Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte befindliche Klausel begrenzt die Leistung des Versicherers auf die Höhe der vereinbarten Versicherungssumme „bezüglich sämtlicher Pflichtverletzungen bei der Erledigung eines einheitlichen Auftrags“. Mehrere Pflichtverletzungen, die eigentlich eigenständige Versicherungsfälle bilden, für die jeweils die Versicherungssumme zur Verfügung steht, werden durch die Serienschadenklausel zu einem Versicherungsfall verklammert.

Der Rechtsanwalt nahm seine Berufshaftpflichtversicherung auf Erstattung einer gegen ihn titulierten Schadenersatzforderung wegen der fehlerhaften Führung eines aussichtslosen Rechtstreits in zwei Instanzen in Anspruch. Der Kläger unterhielt bei der Beklagten in der Zeit vom 1. April 1990 bis zum 31. März 2013 zur Absicherung seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt eine entsprechende Police. Seit dem 1. April 2013 war der Kläger bei einer anderen Versicherungsgesellschaft versichert.

Nach Einschätzung sowohl des Klägers als auch seines aktuellen Berufshaftpflichtversicherers lag ein Serienschaden vor, der bei der Erledigung eines einheitlichen Auftrages entstanden war, mit der Folge der Leistungspflicht des früheren Versicherers. Der aktuelle Berufshaftpflichtversicherer ging hingegen angesichts der von vorneherein aussichtslosen Klage von keiner neuen Pflichtverletzung anläßlich der Berufungseinlegung aus.

Demnach war die Berufungseinlegung haftungs- und damit auch versicherungsrechtlich nur eine unselbständige Pflichtverletzung, denn sie beruhte auf der ursprünglichen rechtlichen Fehleinschätzung. Somit sah sich der Anschlussversicherer wegen der Annahme eines Serienschadens zeitlich als nicht betroffen an.

Der beklagte vormalige Versicherer argumentierte, dass die ursprüngliche Entscheidung über die Klageerhebung nicht einfach fortgesetzt werde, sondern vielmehr eine eigenständige rechtliche Prüfung und Entscheidung seitens des Rechtsanwalts erfolge, wenn dieser Berufung einlege. Für den Beklagten handele es sich bei der Berufungseinlegung somit nicht um die Erledigung eines einheitlichen Auftrages, sondern um eine gesonderte, fehlerhaft getroffene Entscheidung, die eine neue Pflichtverletzung darstelle.

Der beklagte Versicherer bestätigte daher nur für die innerhalb des versicherten Zeitraumes (01.04.1990 bis 01.04.2013) begangenen Verstöße im bedingungsgemäßen Umfang Versicherungsschutz und lehnte im Übrigen eine Leistungspflicht ab.

In seinem Urteil wies das OLG Düsseldorf die Klage mit der Begründung ab, dass es sich bei der Berufungseinlegung um einen gesonderten Verstoß des Rechtsanwalts handele und damit um einen weiteren Versicherungsfall. Das OLG Düsseldorf stellte darauf ab, dass die Berufungseinlegung jedenfalls auch wegen eines erstinstanzlichen Verfahrensfehlers und nicht ausschließlich wegen der Fortführung der rechtlichen Fehleinschätzung erfolgte, die der erstinstanzlichen Klageerhebung zugrunde lag. Infolgedessen sei die beklagte Versicherungsgesellschaft nicht eintrittspflichtig, weil der Versicherungsfall in Form der aussichtslosen Berufungseinlegung nicht im versicherten Zeitraum liege.

Ein Serienschaden im Sinne der Serienschadenklausel, liege – so das OLG Düsseldorf – auch deshalb nicht vor, da diese als Risikobegrenzungsklausel zugunsten des Versicherers fungiere. Hiermit sei eine Auslegung der Klausel nicht vereinbar, die zu einer Ausweitung der Haftung des beklagten vormaligen Versicherers führen würde, nicht vereinbar.

Fazit

Das OLG Düsseldorf hat mit seinem Urteil bestätigt, dass eine Pflichtverletzung in einem anschließenden Berufungsverfahren als eigenständiger Versicherungsfall zu qualifizieren sein kann, wenn eine neue Prüfung und Entscheidung seitens des Rechtsanwalts erfolgt.

Die Bewertung, dass es sich somit nicht um einen Serienschaden handelt, hat zur Folge, dass der Rechtsanwalt in beiden Fällen den jeweils vereinbarten Selbstbehalt selbst zu tragen hat.

Ein Vorteil für den Versicherungsnehmer besteht jedoch darin, dass in beiden Fällen die volle Versicherungssumme zur Verfügung steht.

Mitglied der Geschäftsleitung, Prokurist

Stephan Kohlhaas

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