Hätte man vor der Veröffentlichung von ChatGPT im November 2022 absehen können, wie schnell und tiefgreifend die Möglichkeiten, aber auch die Risiken der Nutzung künstlicher Intelligenz die anwaltliche Berufspraxis beeinflussen werden?
Mit dieser Frage startete das KI-Panel unseres Risk Forums, das am 07.05.2025 stattfand. Stephan Kohlhaas, Mitglied unserer Geschäftsleitung, hatte dabei die Gelegenheit, mit dem ausgewiesenen Berufsrechts- und KI-Experten Rechtsanwalt Markus Hartung wesentliche Aspekte der anwaltlichen KI-Nutzung zu diskutieren.
Die im August 2024 in Kraft getretene KI-VO der EU hat seit Februar 2025 für Rechtsanwälte die Pflicht zum Aufbau einer ausreichenden Kompetenz im Umgang mit KI sich gebracht und sieht ab August 2026 erweiterte Transparenzpflichten hinsichtlich der beruflichen KI-Nutzung vor.
Mittlerweile haben diverse Institutionen Hinweise und Richtlinien zur anwaltlichen KI-Nutzung herausgebracht. Insbesondere die Formal Opinion 512 der American Bar Association vom August 2024 und die entsprechenden Hinweise der Bundesrechtsanwaltskammer vom Dezember 2024 haben unsere Panel-Diskussion geprägt.
In Bezug auf so genannte Legal Chat-Bots kann man durchaus diskutieren, ob diese Rechtsdienstleistungen im Sinne des RDG erbringen können. Fraglich ist auch, ob das RDG für die neuesten Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz überhaupt noch einen tauglichen Rechtsrahmen bieten kann.
Bei Nutzung von KI-Anwendungen, die von US-Unternehmen angeboten werden, besteht immer die Gefahr, im Rahmen eines Drittlandtransfers gemäß Art. 44 DSGVO den Regelungen des US-Cloud Act ausgesetzt zu sein, so dass US-Behörden Zugriff auch auf in Europa gespeicherte Daten haben können. Möglicherweise wird diese Problematik durch die Trump-Administration noch verschärft.
Des Weiteren haben Rechtsanwälte auf die Wahrung ihrer Verschwiegenheit beim Non Legal Outsourcing durch Nutzung von KI-Produkten ausländischer Anbieter unter Berücksichtigung von § 43e Abs. 4 BRAO zu achten.
Ob eine anwaltliche Berufspflicht zur Letztkontrolle von KI-generierten Arbeitsergebnissen besteht und ab welchem Punkt sogar eine anwaltliche Nutzungspflicht von KI im Rahmen der Berufsausübung angenommen werden kann, waren die abrundend diskutierten Fragen unseres KI-Panels.
Wir danken Markus Hartung für seine äußerst fachkundigen und genauso meinungsstarken wie unterhaltsamen Diskussionsbeiträge. Die sehr positiven Reaktionen der Teilnehmer des Risk Forums auf unser KI-Panel haben gezeigt, dass dieses Thema sowohl für die Anwaltschaft als auch für Berufshaftpflichtversicherer und Versicherungsmakler in den kommenden Jahren absolut zentral bleiben wird.

