Kann ein Mandant den Mandatsvertrag anfechten, wenn sein Fall von einem „Salary-Partner“ bearbeitet wird? Diese Frage hat das Kammergericht Berlin in einem Urteil vom 06.09.2024 (Az.: 21 U 113/24) eindeutig verneint. Das Gericht stellte klar, dass die Bezeichnung eines Salary-Partners als „Partner“ in einer Anwaltskanzlei nicht als arglistige Täuschung im Sinne des § 123 BGB anzusehen ist.

Während das Landgericht Münster in einer früheren Entscheidung vom 16.07.2021 (22 O 12/21) eine Irreführung nach dem UWG durch diese Bezeichnung annahm, sieht das Kammergericht keinen täuschungsbedingten Anfechtungsgrund darin. Salary-Partner sind angestellte Rechtsanwälte, die am Kanzleiumsatz beteiligt sind und aufgrund ihrer Erfahrung eigenständig Mandate bearbeiten. Der Begriff „Partner“ bezieht sich daher nicht zwingend auf eine Eintragung im Partnerschaftsregister und kann verschiedene berufliche Positionen umfassen.

Das Urteil des KG Berlin hat wichtige Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen Mandanten und Kanzleien, insbesondere hinsichtlich der Mandatsbearbeitung durch unterschiedliche Anwaltstypen innerhalb einer Sozietät.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall hatte eine Immobilienfirma einen Partner der besagten Kanzlei ein Mandat erteilt. Im weiteren Verlauf stellte sich jedoch heraus, dass ein Salary-Partner maßgeblich mit der Mandatsbearbeitung betraut war. Der Mandant hielt dies für einen Mangel in der Vertragserfüllung und focht den Mandatsvertrag wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB an.

Die Immobilienfirma rechtfertigte die Anfechtung des Mandatsvertrags mit dem Argument, dass man gezielt einen Anwalt mit umfassender Erfahrung im Immobilienbereich gesucht habe. Der beauftragte Anwalt sei nach außen hin als Partner aufgetreten, weshalb man davon ausgegangen sei, dass er über besonderes Know-how und ein hohes Engagement verfüge.

Erst später habe sich herausgestellt, dass es sich lediglich um einen Salary-Partner handelte. Wäre dies bei Vertragsschluss bekannt gewesen, wäre es nicht zur Zusammenarbeit gekommen.

Entscheidung des KG Berlin

Das Kammergericht Berlin entschied, dass die Tatsache, dass der Anwalt nach außen hin als „Partner“ auftrat, ohne im Partnerschaftsregister eingetragen zu sein, keinen Anfechtungsgrund gemäß § 123 BGB für den Mandatsvertrag darstellt und somit die Anfechtung des Anwaltsvertrags nicht rechtfertigt.

Generell sei bekannt, dass Kanzleien mit verschiedenen Ebenen von Partnerschaften arbeiten und die Bezeichnung „Partner“ allein nicht impliziere, dass es sich zwingend um einen Equity-Partner handeln muss. Ein Salary-Partner sei wie ein Equity-Partner vollwertiger Anwalt, der zur qualifizierten Mandatsbearbeitung befähigt ist. Es gebe keine allgemeine Annahme, dass Salary-Partner weniger intensiv und engagiert arbeiten als andere Partner. In der Regel seien auch sie am Kanzleiumsatz beteiligt und strebten die Vollpartnerschaft an. In diesem Fall hatte der Anwalt jedenfalls die notwendige Berufserfahrung und bearbeitete seine Mandate eigenverantwortlich.

Das Gericht stellte klar, dass die Stellung des Salary-Partners in der Kanzleihierarchie keine Auswirkung auf seine fachliche Kompetenz und Qualifikation hat. Wesentlich sei, dass der Anwalt über die notwendige anwaltliche Eignung verfügt und dass seine Tätigkeit im Rahmen des Mandats in der Regel den Erwartungen an die anwaltliche Dienstleistung entspricht.

Der Mandant könne sich nicht auf einen wesentlichen Irrtum berufen, wenn er davon ausgegangen sei, dass sein Mandat nur von einem Equity-Partner bearbeitet werde. Es sei dem Mandanten zuzumuten, sich vorab über die Organisationsstruktur der Kanzlei und die Rolle des bearbeitenden Anwalts zu informieren. Das KG betonte zudem, dass es keinen Anspruch des Mandanten auf eine exklusive Bearbeitung des Mandats durch einen bestimmten Equity-Partner gibt, sofern nichts anderes explizit vertraglich vereinbart wurde.

Auswirkungen des Urteils

Das Urteil des KG Berlin schafft Klarheit für Kanzleien und Mandanten gleichermaßen. Es verdeutlicht, dass Mandanten sich nicht auf eine bestimmte Hierarchie innerhalb der Kanzlei berufen können, um die Qualität der Rechtsberatung in Frage zu stellen oder den Mandatsvertrag anzufechten, solange die Mandatsbearbeitung fachgerecht erfolgt. Die interne Aufteilung der Mandatsbearbeitung innerhalb der Kanzlei ist damit weitgehend eine Sache der Kanzleiorganisation.

Durch das Urteil des KG Berlin wird die Praxis vieler Großkanzleien bestätigt, bei der die Mandatsbearbeitung oft arbeitsteilig organisiert ist und auch Salary-Partner eine zentrale Rolle spielen. Entscheidend bleibt die Qualität der Leistung, nicht die Stellung des Anwalts in der Kanzlei.

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Lubow Licata

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