Die erst am 01.08.2022 in Kraft getretene BRAO-Reform erfährt bereits jetzt ihre erste „Reparatur“ durch das „Gesetz zur Stärkung der Aufsicht bei Rechtsdienstleistungen und zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe“. Dieses bringt nicht nur – worauf der Name hindeutet – eine Zentralisierung der Aufsicht über nicht-anwaltliche Rechtsdienstleister mit sich, sondern auch Korrekturen der BRAO und des StBerG hinsichtlich der Interessenkollision bei wissenschaftlicher Mitarbeit während der juristischen Ausbildung in Anwaltskanzleien sowie in Bezug auf die Berufshaftpflichtversicherung.

Die Änderungen des anwaltlichen und steuerberatungs­bezogenen Berufsrechts sind am 16.03.2023 in Kraft getreten.

Eine der wesentlichen Änderungen betrifft § 45 Abs. 2 S. 2 BRAO. Die Neuregelung schließt die sogenannte Sozietätserstreckung von Tätigkeitsverboten nicht nur bei einer Vorbefassung als Rechtsreferendar, sondern auch als wissenschaftlichem Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei aus. Bisher war nur in Bezug auf Rechtsreferendare ausdrücklich geregelt, dass bei deren Berufseinstieg das vorbefassungsbedingte Tätigkeitsverbot auf der Gegenseite die den Referendar aufnehmende Berufsausübungsgesellschaft nicht „infiziert“. § 45 Abs. 2 S. 2 BRAO enthält eine entsprechende Regelung nun auch für wissenschaftliche Mitarbeiter.

Die Korrektur der BRAO in Bezug auf die Berufshaft­pflicht­versicherung betrifft insbesondere die sogenannte Maximierung der Versicherungssumme, also die Frage, wie oft die ­Mindestversicherungssumme einer Berufsausübungsgesellschaft im Versicherungsjahr zur Verfügung zu stehen hat. 

In § 59o Abs. 4 BRAO a.F. war bisher geregelt, dass die Maximierung nach der Anzahl der in der Berufsausübungsgesellschaft tätigen Gesellschafter oder Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, im Versicherungsvertrag zu dimensionieren ist (nach altem, wie nach neuem Rechtsstand ist aber mindestens eine vierfache Maximierung zu vereinbaren). 

Nach dem Wortlaut von § 59o Abs. 4 BRAO a.F. waren daher bei der Bemessung der Maximierung auch nichtanwaltliche Gesellschafter/Geschäftsführer zu berücksichtigen. Ferner war für die Berufshaftpflichtversicherung der Zweigniederlassung einer ausländischen Berufsausübungsgesellschaft gemäß §§ 207a Abs. 2 S. 1, 59o Abs. 4 BRAO a.F. auf sämtliche – auch ausländische – Berufsträger abzustellen, die den Kriterien von § 59o Abs. 4 BRAO a.F. entsprachen.
Durch diese Regelung wäre es zu einer nicht risiko­angemessenen Überdimensionierung der Maximierung gekommen, da die Zweigniederlassung einer ausländischen Berufsausübungsgesellschaft gem. § 207a Abs. 4 BRAO ausschließlich durch ihre in Deutschland zugelassenen oder niedergelassenen Rechtsanwälte Rechtsdienstleistungen nach deutschem Recht erbringen darf. Die Orientierung des Maximierungsumfangs auch an der Anzahl der ausländischen Partner war deshalb nicht zu rechtfertigen.

Beides hat der Gesetzgeber nun korrigiert und in § 59o Abs. 4 BRAO n.F. geregelt, dass hinsichtlich der Maximierung ausschließlich auf die Anzahl der anwaltlichen Gesellschafter, die in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen oder niedergelassen sind, und der anwaltlichen Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind, abzustellen ist.

§ 55f Abs. 5 S. 1 StBerG a.F. hatte den gleichen Wortlaut wie § 59o Abs. 4 BRAO a.F. Die Neuregelung stellt klar, dass für die Berechnung der Maximierung einer Steuerberatungs-Berufsausübungsgesellschaft ausschließlich die Gesellschafter relevant sind, die als Steuerberaterinnen und -berater, Steuerbevollmächtigte oder Wirtschaftsprüferinnen und -prüfer tätig sind.

In § 55f Abs. 5 S. 1 StBerG n.F. ist daher geregelt, dass die Maximierung auf den Betrag der Mindestversicherungssumme begrenzt werden kann, vervielfacht mit der Zahl der Gesellschafter, die Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind, und der Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter und Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind.
Kaum sind diese begrüßenswerten „Reparaturen“ an der BRAO und dem StBerG vorgenommen, kündigen sich weitere berufsrechtliche Änderungen bereits an. Denn das BMJ hat den Referentenentwurf eines „Gesetzes zur Regelung hybrider und virtueller Versammlungen in der Bundesnotarordnung, der Bundesrechtsanwaltsordnung, der Patentanwaltsordnung und dem Steuerberatungsgesetz sowie zur Änderung weiterer Vorschriften des Rechts der rechtsberatenden Berufe“ vorgelegt. Mit dieser Gesetzesinitiative wird es zu weiteren Änderungen an der BRAO und den sonstigen Berufsrechten der rechts- und wirtschaftsberatenden Berufe kommen.

Wir werden Sie in gewohnt umfassender und rechtzeitiger Weise über die kommende Entwicklung auf dem Laufenden halten. 

Sollten Sie Fragen zu den Auswirkungen der jüngsten „Reparatur“ der BRAO und des StBerG auf Ihre Berufshaftpflichtversicherung haben, können Sie sich gerne vertrauensvoll an uns wenden. 

Mitglied der Geschäftsleitung, Prokurist

Stephan Kohlhaas

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